Politisches Patt – oder Schachmatt?

Im Online-Spiegel fielen mir gerade zwei Statistiken ins Auge. Zum einen steht der Bush-Messer exakt auf 50%. Und zum anderen verkündet die Werbung für den montäglichen Spiegel „SPD/Grüne/PDS 48 – CDU/CSU/FDP 47 Prozent“. Bei Kerry oder Bush weiß man sicher, einer der beiden wird definitiv der neue Präsident, wie knapp auch immer (irgendeine Wählmaschine wird schon ausfallen…) die Wahl sich darstellen wird. Aber die politische Lage in Deutschland???

Haben SPD/Grüne der Opposition gerade mal ein paar schöne Steilvorlagen gegeben, manövriert die sich auch ohne fremde Hilfe ins Aus. Die lächerliche Bürgerbefragungs-Idee zum Türkei-EU-Beitritt, die peinlichen Streitereien bezüglich der Gesundheitsreform, der Rückzug von Friedrich Merz. Nicht mal Stoiber nutzt die Gunst der Stunde, sondern lässt seine CSUler fröhlich irgendwelche Statements zu Unions-Debatten abgeben, die seine Position auch nicht gerade stärken. Und jetzt auch noch das: Frau Merkel wehrt sich erst gegen einen Bundespräsidenten Schäuble, will ihn aber zu ihrem Fraktionsvize machen – und das, nachdem er schon mal deren Vorsitzender war? An seiner Stelle käm ich mir ja… aber er wird vermutlich wie so viele genügend an der Macht kleben, um den Job dennoch zu übernehmen. Bin gespannt!

Ich bin nun wahrlich kein Konservativ-Wähler, aber eine solide demokratisch gesonnene Regierung ab 2006, die nicht meinem Geschmack entspricht, ist mir definitiv lieber als die braune in die Riege der Entscheider quellende Riege der Republikfeinde, die sich offenbar auf ziemlich viele Sympathisanten stützen können. In einem Fernsehinterview dieser Tage (Quelle leider vergessen) sagte ein Politikwissenschaftler, die geschätzte Größe an Menschen in Deutschland, die Ausländer und Juden hassen, liegt bei rund 15%. Also birgt die nächste Wahl, wenn die etablierten Parteien noch stärker an ihrem Negativimage feilen, wohl noch so einige braune Überraschungen… Im letztwöchigen Stern wurden die neuen Landtagsmitglieder der NPD in Sachsen per Kurzbio und Äußerungen vorgestellt. In einem Leserbrief wird nun im aktuellen Stern angemerkt:

Genauso wichtig […] wäre es zu erfahren, was das für Leute sind, die diesen Neonazis in den Dredner Landtag verholfen haben. Täter sind nämlich beide: Gewählte und Wähler. Auch wenn sich die Wähler gern als Opfer der Wiedervereinigung und des Sozialabbaus präsentieren.

Diese immer größer werdende Masse der Nicht- und „Protestwähler“ macht mir Angst. Gehen zunehmend nur noch die Ambitioniertesten zu den Urnen, werden die Außenseiter gestärkt, das ist aus Erfahrung erwiesen. Ich frage mich wirklich, warum man nicht einfach zur Wahl gehen und sein Kreuz dort machen kann, wo man am ehesten zustimmt anstatt „aus Protest“ daheim zu bleiben oder Parteien anzukreuzen, deren Ziel es ist, die Verfassung abzuschaffen. Ist dieser „größten Partei der Nichtwählern“ wirklich derart egal, ob wir weiter in einer Demokratie leben oder nicht? Noch ist es möglich, einfach frei seine Meinung äußern zu können… wer weiß, was morgen ist.

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